Der Sinn und Unsinn von “Sitz”
Im neusten Video in meiner Videobibliothek geht es unter anderem darum, wann der Einsatz von “Sitz” Sinn macht und wann eben nicht. Und weil dieses Thema in Trainings so oft hochkommt, möchte ich auch hier ein paar Worte dazu sagen.
In den Köpfen ganz vieler Menschen ist abgespeichert “Sitz = braver Hund!” und so wird dieses Kommando oft sehr inflationär und leider meist sinnfrei eingesetzt oder die eigene z.B. Raum fordernde Einwirkung wird beendet, nur weil der Popo runter geht, obwohl man eigentlich etwas ganz anderes wollte.
Wenn ein Hund im Training ständig “Sitz” anbietet, unabhängig davon, was wir tatsächlich von ihm wollten, ist das ein bisschen so, wie wenn jemand auf jede Frage mit “42” antwortet.
“Wie viel Uhr ist es?” - “42.”
“Welcher Tag ist heute?” - “42.”
“Willst du lieber Sushi oder Pizza?” - “42.”
Ihr merkt es selbst: So kann keine Unterhaltung stattfinden! Und genauso wenig können wir ins Gespräch mit unseren Hunden kommen, wenn sie uns nicht zuhören, sondern stattdessen immer pauschal “Sitz” anbieten. Ich sage nicht, dass es nicht an manchen Stellen sinnvoll sein kann, den Hund absitzen zu lassen, wenn das bei ihm wirklich Ruhe und Entspannung bewirkt. In den meisten Fällen berühren die Hunde aber nur kurz mechanisch und energiegeladen mit ihrem Hintern den Boden, weil sie eine Belohnung erwarten und springen meist nach ein paar Sekunden wieder auf. Das ist auch eine Trainingsfrage, klar! Aber viel wichtiger ist es zu verstehen, dass ein Auftrag wie “Sitz” die anderen Ideen, die ein Hund schon auf seiner To Do-Liste stehen hat, nicht löscht, sondern nur mehr oder weniger lang überlagert. Wenn mein Hund also aufgeregt an der Tür auf den Spaziergang wartet, bringt es mir herzlich wenig, ihn kurz sitzen zu lassen, wenn er danach genauso aufgeregt weitermacht wie vorher. Stattdessen müssen wir erst Ruhe in den Hund bringen, bevor Hörzeichen wie “Sitz” wirklich Wert bekommen.
Wir müssen an dieser Stelle ganz klar unterscheiden zwischen konditioniertem, meist mit Energie und Spannung verbundenen „Wenn ich mich jetzt setze, kriege ich einen Keks!“-Sitz und entspanntem, natürlichem Hinsetzen, weil die Handlungsbereitschaft niedrig ist und der Hund einfach nur ruhig beobachtet.
Darauf zu warten, dass der Hund sich von selbst absetzt als Zeichen dafür, dass er in der Situation angekommen ist, sich orientiert hat und die Reize um ihn herum verarbeitet hat, kann uns sehr wertvolle Informationen liefern, wie ihr in der ersten Hälfte des neuen Videos seht. Auch ein von uns ausgelöstes Hinsetzen kann wertvoll sein, wenn wir es als Indikator dafür nutzen, ob die Spannung und Handlungsbereitschaft des Hundes hochgeht und er sich beherrschen kann oder eben nicht, wie ich es auch im Tierpark-Video zeige.
Die Videobibliothek findet ihr HIER auf meiner Homepage. Dort bekommt ihr auf Basis eines Monatsabos* (jederzeit kündbar!) Zugriff auf viele Theorie- und Praxisvideos zu wichtigen Themen rund um den Hund.
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