Silas Tag 2 // Ruhe, Ruhe, Ruhe und viele neue Bekanntschaften
Nach einer überraschend erholsamen ersten Nacht sind wir direkt ganz entspannt in Tag 2 gestartet, indem sich der Zwerg schön draußen gelöst hat. Das macht er wirklich toll und zuverlässig! Nach einer kleinen Runde durch den Garten, etwas Spielen und Begleitung beim Kaffeekochen und Aufräumen hat Silas sein Frühstück bekommen und ist dann in seinen Laufstall gekommen, weil ich dringend ein bisschen Büro machen musste. Der Laufstall beginnt direkt hinter meinem Bürostuhl, d.h. ich war unmittelbar neben ihm, aber eben wieder abgewandt und ohne persönlich auf ihn einzugehen.
Nachdem er erstmal wieder lautstark protestiert hat und am Gitter hochgesprungen ist, hat er erstmal frustig alle Spiel- und Knabbersachen durchgetestet, die so in seinem Bereich herumliegen. Dabei wurde immer wieder wütend geknört und verzweifelt gewinselt, bis er nach ca. 20 Minuten endlich eingeschlafen ist. Immer wenn er solche Phasen hat, wird mir wieder bewusst, wie unglaublich schwer es für Ersthundebesitzer sein muss, die Ruhe und das Vertrauen zu haben, dass man diesem Prozess einfach seinen Gang lassen und den Zwerg auch mal ignorieren muss, damit er lernen kann, zur Ruhe zu kommen.
Für mich ist es relativ leicht, weil ich genau weiß, was und warum ich möchte, das er lernt und mir vor allem die immense Wichtigkeit dieses Lernprozesses bewusst ist. Ich hoffe, dass ich mit den Aufnahmen und der Dokumentation, die ich gerade mache in diesem Bereich zukünftig noch besser unterstützen kann.
Heute stand für den kleinen Mann auch der erste kleine Spaziergang auf dem Programm, denn meine Mädels wollen ja wenigstens ein bisschen raus kommen, wenn sie gerade schon so viel zurückstecken müssen. Also sind wir losgezogen - ausgestattet mit Geschirr, dünner 5 m Leine und einem Welpenrucksack, denn natürlich kann der Zwerg noch nicht lange am Stück laufen. Die erste Etappe ist er selbst gelaufen, auch wenn er mir noch viel an den Beinen geklebt hat. Dann war Pause am Bach angesagt, wo er ausgiebig beobachtet hat, was seine großen Schwestern da alles treiben. Ein paar Meter daneben liegt unsere “Partywiese”, wo die Mädels ein bisschen Dampf abgelassen und nach Mäusen gesucht haben. Auch das wurde alles interessiert beobachtet und dann kamen die ersten zaghaften Spielversuche im “hohen” (sehr relativ ^^) Gras.
Auf dem Rückweg hat Silas dann seinen Rucksack kennengelernt, wo er weich gepolstert mit einem Kissen sitzen und sich tragen lassen kann. Das hat super gut geklappt und er hat sich total schnell darin entspannt und mit wackelnden Ohren alles beobachtet. Auch für mich ist es halbwegs bequem so und ich hab immer eine Hand frei. So können wir für den Anfang gut unsere Touren machen!
Im Laufe dieses zweiten Tages hat Silas einige neue Bekanntschaften gemacht, darunter die nächste Nachbarin und Johnny, den Kater meiner Vermieterin. Der ist im Moment genauso groß wie Silas, völlig gechillt und selbst ein halber Hund, daher war das wieder eine absolut unaufgeregte Angelegenheit. Silas ist ihm kurz hinterhergedackelt, hat ihn beschnuppert und Johnny hat ihn einfach komplett ignoriert. Am Abend hat er dann auch noch meinen Papa und meine “Bonusmama” Carolin, diverse Nachbarn, sowie ihre kleine Hündin Zwiebel kennengelernt. Da war er wieder erstmal sehr höflich und ruhig und auch als er später etwas aufdringlicher wurde und Zwiebel zwei Ansagen gemacht hat, hat er das super akzeptiert und sie in Ruhe gelassen. Das finde ich richtig gut, dass sie ihm das direkt klar macht, wo sie noch etwa gleich groß sind, bevor er sie dann bald überragt.
Was mich richtig gefreut hat bei all den Begegnungen war, a) wie entspannt und freundlich, aber unaufdringlich der kleine Mann mit allen war und b) dass er schon nach so kurzer Zeit anfängt, mich als seine Hauptbezugsperson und seinen sicheren Hafen anzusehen. Auch das Autofahren war zum Glück gar kein Thema! Bis auf kurzen Protest, als ich ihn in seine Box gesteckt habe, war danach Ruhe und er hat geschlafen. Das war mir sehr wichtig, dass ich zeitnah direkt nochmal eine kurze Strecke mit ihm fahre, damit ich sicher sein kann, dass von der ersten langen Fahrt, die ja nicht ganz stressfrei war, nichts negatives hängen geblieben ist. Autofahren ist regelmäßiger Bestandteil unseres Lebens und das darf er auch direkt lernen.
Nach dem Besuch bei meinem Papa haben wir zuhause erstmal eine Runde gespielt, Silas wurde gefüttert und dann war wieder Ruhe halten angesagt. Um nach so viel Aufregung und neuen Eindrücken runterzufahren, habe ich ihm direkt wieder geholfen, indem ich bei ihm am Gitter saß. Das hat nach ein paar Minuten auch wieder super funktioniert, er hat sich beruhigt und ist eingeschlafen. Nach ca. zehn Minuten haben dann auch die Großen etwas zu Fressen bekommen (ja, blödes Timing, aber es war halt noch nicht fertig!), was dazu geführt hat, dass der kleine Mann wieder aufgewacht ist und sich lautstark beschwert hat. Meinem Bauchgefühl folgend war das eine Reaktion, die ich zum ersten Mal deutlich korrigiert habe, denn das hatte nichts mit “ich bin kribbelig und es fällt mir alleine noch schwer, mich zu entspannen” zu tun, sondern war einfach reiner “Hey, wieso kriegen die was zu Fressen und ich nicht?”-Protest.
Nach der ersten Korrektur, die ich natürlich direkt auch sozial wieder ausgeglichen habe, um ihm klarzumachen, dass wir weiterhin Freunde sind und ich ihn lieb habe, war auch erstmal Ruhe und neu aufkommenden Protest konnte ich dann schon mit einer reinen Ermahnung auf mehrere Meter Entfernung aus der Küche unterbinden. Danach ist Silas sehr schnell wieder eingeschlafen, was mir nochmal mehr zeigt, dass das absolut kein Selbstregulationsproblem, sondern ein frustiger Protest war und die Korrektur die absolut richtige Entscheidung.
Als ich gerade langsam ins Bett gehen wollte, hatte Silas gerade eine sehr aktive Phase und so hab ich mit ihm ein erstes kleines Geduldsspiel mit Futter gemacht. Das Prinzip war einfach: Du darfst nicht einfach ungebremst an die Schale mit Futter in meiner Hand! Wenn du etwas möchtest, nimmst du dich zurück, setzt dich ruhig hin und fragst vielleicht sogar schon durch Blickkontakt bei mir ab. Das hat er super schnell verstanden und auch als ich die Schüssel, in der das Futter geklappert hat, an verschiedene Stellen neben und vor ihm gehalten habe, ist er nach wenigen Wiederholungen nicht mehr drangegangen, sondern hat geduldig gewartet, bis er etwas von mir aus der Hand bekommt.
Diese Übung war einmal ganz grundsätzlich sinnvoll, damit er mich nicht immer über den Haufen rennt, sobald Futter im Spiel ist. Gleichzeitig konnte ich mit ihm auch die erste kleine Lektion zum Thema “Lernen lernen” machen, indem ich ganz gezielt seine Entscheidungen beobachtet und ihm entsprechendes Feedback gegeben habe. Hat er eine ungünstige Entscheidung getroffen (ans Futter gehen), habe ich das mit einem Unmutslaut und einer klaren Berührung vor die Brust unterbunden. Hat er eine gute Entscheidung getroffen (zurücknehmen, hinsetzen und warten), habe ich ihn stimmlich gelobt und ihm etwas vom Futter gegeben. Da hat die Mühle ganz, ganz schnell angefangen zu rattern und nach ein paar Minuten war das kleine Gehirn auch schon voll und wir konnten schlafen gehen.
Das war diesmal auch schon fast ohne Protest möglich. Er hat in seiner Box ein kleines Betthupferl (ein kleines Stück getrocknete Lunge) bekommen, während ich im Bad war. Leisen Mini-Protest konnte ich problemlos unterbrechen und dann war die ganze Nacht Ruhe.
Das war ein sehr voller, erfolgreicher Tag mit dem kleinen Buben und ich freu mich schon auf morgen, wenn er zum ersten Mal ein paar Stunden von einer Freundin gesittet wird, während ich einen Kurs halte.